Die Trauerfeier ist anders als gewohnt, sagt die Grossmutter

Die Trauerfeier ist anders als gewohnt, sagt die Grossmutter

Als ich vor drei Jahren Trauerrednerin wurde, war dies mein Ziel. Ungewöhnliche, persönliche, individuelle Trauerfeiern und Trauerreden zu gestalten. Seither hielt ich über 30 Trauer-, Geburtstags- und Willkommensreden. Keine gleich wie die andere. Überraschend, liebevoll, kreativ und immer für alle Beteiligten sehr wertschätzend. Die Rückmeldungen waren meist sehr positiv. Selbstverständlich sind auch Fehler passiert. Zum Beispiel dann, als ich in der Kapelle den Todestag der Frau sagte und mich der Witwer in der ersten Reihe mit grossen Augen ansah und leise den Kopf schüttelte. Glücklicherweise konnte ich den Fehler noch während der Trauerrede korrigieren und sein Gesicht entspannte sich.


Drei Geschichten von Trauerfeiern, anders als gewohnt.

Der Bass wummert und Grosi wippt mit dem Fuss an der Trauerfeier

Die Kapelle ist bis auf den letzten Platz besetzt. Familie, Freunde, Arbeitskollegen sind gekommen um Abschied zu nehmen vom 21-jährigen Dominique. Er kam bei einem Unfall auf tragische Weise ums Leben. Sein Vater stellte vorne in der Kapelle einen Verstärker auf. Dominiques 16-jährige Schwester wählte die Musik aus, die er gerne und immer sehr laut hörte.
Never Look Back von Boris Brejcha (Werbung auf YouTube einfach überspringen) dröhnte aus dem Lautsprecher. Beinahe vibrierten die Holzbänke. In der ersten Reihe sitzt eine kleine, schlanke Frau mit grauen Haaren. Sie sieht sehr ernst aus. Mein Blick geht zu ihren Füssen. Ihr rechter Fuss wippt zum lauten Takt. Am Schluss kam die Frau auf mich zu und wir kamen ins Gespräch.

Wissen Sie, ich bin die Grossmutter von Dominique, diese Trauerfeier ist halt anders, als ich es gewohnt bin. Aber zu ihm hat alles perfekt gepasst.

Grosis Worte

Junge Menschen in Arbeitsuniform mit Leuchtwesten
Freunde und Arbeitskolleg:innen an der Trauerfeier

Der Presslufthammer vor der Kapelle

Die Trauergäste sind alle früh gekommen und versammeln sich vor der kleinen Kapelle im Dorf. Covid lässt es im Mai 2021 noch nicht zu, dass mehr als 50 Personen gemeinsam in einem Raum versammelt sind. Der Wind bläst kühl. Draussen vor der Kapelle sind Stühle aufgestellt, der Wind bläst kühl.
In einer halben Stunde würde die Abschiedsfeier beginnen. Es ist meine erste und ich bin leicht aufgeregt. Auf der Baustelle an der Strasse, etwa 100 Meter entfernt, beginnt ein Presslufthammer an zu hämmern. Der Lärm ist kaum auszuhalten. Es steht kein Mikrophon zur Verfügung um bei der Trauerrede diesen Lärm zu übertönen.

Der Sohn der Verstorbenen geht zum Strassenarbeiter und fragt ihn, ob er nicht zwischen 14.00 und 15.00 eine Pause machen könne. Doch der verneint, freundlich aber bestimmt. Sein Chef habe ihm diese Aufgabe gegeben, er könne nicht einfach an einem anderen Ort weiterhämmern. Wir sind ratlos. Es stellt sich heraus, dass der Friedhofgärtner, der später die Urne beisetzen wird, den Chef des Arbeiters kennt. Ein Anruf genügt. Der Chef gibt dem Strassenarbeiter entweder eine längere Pause oder eine leisere Arbeit. Die Trauerfeier kann beginnen. Mit Ausnahme der Lastwagen auf der nahen Strasse sind wir fast ungestört.

Die Stimme aus dem All

Die 37-Jährige Rahel war eine beliebte DJane. Sie komponierte ihre eigene Musik und begeisterte viele damit. Jetzt sitzen ihre Eltern und Geschwister in der ersten Reihe der Kapelle beim Bremgartenfriedhof. Hinter ihnen sitzen Freunde und Bekannte. Unverständlich wie so jung plötzlich sterben musste. Rahels Vater hatte sich das Lied «So wie du warst» (Werbung auf YouTube einfach überspringen) von Unheilig gewünscht.

So wie du warst, bleibst du hier
So wie du warst, bist du immer bei mir
So wie du warst, erzählt die Zeit
So wie du warst, bleibt so viel von dir hier

Diese Zeilen singt der Sänger (Der Graf) von Unheilig.
Einige summen leise mit oder wippen mit dem Fuss.
Die anschliessende Rede ist berührend, es geht ums Sterben und auch um viele Erinnerungen. Alle Trauergäste zündeten eine Kerze an für Rahel. Tränen fliessen und zwischendurch ist es still. Schöne Erinnerungen an Rahel als Kind. Zum Beispiel wie Mutter alle Spielsachen aus Rahels Zimmer entfernte weil es so unordentlich war und alles in einem Kehrichtsack im Auto versteckte. Wie Rahel erschrocken ist, als sie ihr leeres Zimmer sah und wie die Mutter alles wieder hervorzauberte. Wie Rahel als Kind glücklich darüber war und danach ihr Zimmer immer schön aufräumte.

Nach diesen und anderen Erzählungen sollte ein Lied abgespielt werden, das Rahel selbst komponiert hatte. Doch die Bluetooth Box hatte sich während dem Kerzenritual und der Rede ausgeschaltet. Die etwa 50 Personen in der Kapelle waren so still, man hätte eine Nadel zu Boden fallen hören. Beim Einschalten der Box ertönte laut und deutlich – tü tü tü Conected. Ein Schmunzeln ging durch die Reihen und die «Stimme aus dem All» passte perfekt zum nächsten Lied, zu dem anderorts viel getanzt wurde.

Trauerrednerin und Friedhofgärtner unter dem grossen, schwarzen Regenschirm

Eduard Brunner erscheint mit einem riesengrossen schwarzen Schirm. Es ist ein kalter und nasser Tag. Regen und Schnee wechseln sich ab. Bereits das dritte Mal treffen wir an einem nassen Tag aufeinander. Er der Friedhofgärtner, der jetzt im dunklen Anzug erscheint und ich als Trauerrednerin. Die Trauergemeinde kommt nur zögerlich aus der warmen Kapelle an die Kälte.

Eduard trägt mit einer Hand die Urne und mit der anderen den grossen Schirm unter dem auch ich Schutz erhalte. Er ist zwei Köpfe grösser als ich und ich fühle mich ganz geborgen neben ihm unter dem grossen Schirm. Wir gehen mit der Urne in Richtung Grab und die Trauergemeinde folgt uns. Wir gehen sehr langsam, damit uns auch die älteren Trauergäste gut folgen können. Eduard flüstert leise und zeigt mir auf dem Weg alles was auf seinem Friedhof wichtig und neu ist.
Beim Grab angelangt, versammeln sich alle im Halbkreis. Der Wind fegt jetzt durch die Regenschirme. Glücklicherweise ist unser Regenschirm sehr robust. Meine Rede am Grab ist nur kurz und Wind und Wetter erbarmungslos. Jetzt musste Eduard die Urne beisetzen. Ich übernehme jetzt den grossen Schirm und sorge dafür, dass sein dunkler Anzug und die Krawatte nicht nass werden. Die Trauergäste sind froh, dass es jetzt für sie im nahegelegenen Restaurant weitergeht wo es warm und trocken ist. Sie seien noch lange geblieben und hätten einander viel zu erzählen gehabt und viele Erinnerungen ausgetauscht, erzählen sie mir später.

Möchten Sie eine ungewöhnliche, individuelle Trauerfeier für Ihre Angehörigen?

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Trauerfeiern anders als gewohnt - Trauerrednerin Rita Scheurer
(Trauer)rednerin Rita Scheurer

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